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Die Geschichte vom Weltmeister Steve Davis – Snooker Legenden

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Die Geschichte vom Weltmeister Steve Davis – Snooker Legenden
Steve Davis ist stets der erste Name, wenn es darum geht, die wahren Legenden des Snookersports aufzuzählen. Dabei war gar nicht abzusehen, dass dieser rothaarige Bursche mit dem korrekten Seitenscheitel die Szene zu Beginn der Achtziger derart aufmischen würde. Steve Davis galt jenen, die seinen Weg in jungen Jahren begleiteten, zwar als talentiert, jedoch nicht als außerordentlich begabt. Da gab es andere, denen das Spiel zuflog – nicht Davis, dem gebürtigen Londoner, der in seiner Kindheit lieber Schach spielte, als Bälle in Taschen zu schubsen. Arthur Baker, ein früherer Amateurschiedsrichter, hatte den jungen Davis am Snookertisch erlebt. Sein Urteil: Es war klar, dass er ein guter Spieler werden würde. Aber niemand hätte darauf gewettet, dass er einmal Weltmeister wird.

Weltmeister, ja, das wurde Davis. Gleich sechsmal zwischen 1981 und 1989. Er sollte derjenige Spieler werden, der die Sportart in den Achtzigern raus aus den schummrigen Snookerclubs und rauf auf die Titelseiten der Zeitungen führte. Davis sollte auch der erste Spieler sein, der mit dem Bällelochen richtig Geld verdienen würde. 1989 wurde er zu Englands Sportler des Jahres gewählt – als bislang einziger Snooker-Profi überhaupt.

Wie war das möglich für einen Mann, der bei seiner Geburt nicht gerade mit Talent überschüttet wurde? Davis beeindruckte mit seiner professionellen Einstellung und der wirklich harten Arbeit, die er in seinen Sport steckte. Davis hinterfragte das eigene Spiel härter als jeder andere; als junger Kerl suchte er sich in London nicht einfach den nächsten Snookerclub, um dort zu trainieren – es musste der beste sein. So landete er im Lucania Club in Rumford, der einem gewissen Barry Hearn gehörte, dem späteren Chef des Snooker-Profi-Weltverbands. Dort übte er, schaute sich von prägenden Figuren wie Alex Higgins oder Cliff Thorburn die Finessen ab. Aber er kopierte sie nicht, sondern puzzelte sich sein eigenes Spiel zusammen. Das war schneller als das seiner Kollegen, wirkte abgebrühter und besser durchdacht. Man konnte damals während einer Fernsehübertragung seelenruhig in die Küche gehen, sich in nicht allzu großer Eile einen Kaffee oder Tee zubereiten. Spielten gerade Thorburn oder Ray Reardon, konnte man sicher sein, dass sie noch immer am Tisch stünden und in quälender Langsamkeit über den nächsten Stoß sinnierten. Selbst Higgins, der damals wildeste Spieler, konnte mit Davis’ Tempo nicht mithalten.

1981 gewann Davis zunächst die UK Championship und fuhr anschließend, trotz Ranglistenposition 13, als Favorit zur WM. Er fegte seine Konkurrenten weg, die manchmal nicht wussten, wie ihnen geschah. Im Finale gegen Doug Mountjoy gewann er die ersten sechs Frames – hatte es das schon einmal gegeben? Am Ende holte sich Davis mit 18:12 seinen ersten WM-Titel. Hearn, der im Crucible weilte, rannte von der Tribüne in die Arena und hob seinen Schützling – was für eine wahnwitzige Szene – vor allen Menschen in die Luft.

Von dort an gingen beide ihren gemeinsamen Weg. Davis gewann die Turniere, Hearn promotete ihn, wie es noch keinem Spieler vor ihm widerfahren war. Er ließ Davis für Showmatches buchen, unterzeichnete Werbeverträge – das Bankkonto füllte sich schnell. Davis musste dafür viel leisten, er reiste mit Hearn um die ganze Welt, stieg zu einer echten Marke in der britischen Sportszene auf. Aber er kam auch seltener zum Üben, dabei war Davis ja derjenige, der sich die Erfolge noch immer hart erarbeiten musste. Das rächte sich, 1982 verlor er bei der WM in der ersten Runde 1:10 gegen Tony Knowles. Davis lernte daraus, er war ohnehin kein Spieler, der einen Fehler zweimal beging. 1983 holte er sich den WM-Titel zurück, im Finale gegen Jimmy White. Über sieben Jahre stand Davis ununterbrochen an der Spitze der Weltrangliste. Auch spielte er das erste Maximum Break, das live im TV übertragen wurde: 1982 beim Lada Classic in Oldham – ein weiterer magischer Moment.

Im Alleingang sorgte Davis für den großen Snooker-Boom in England. Auch in den Neunzigern mischte er zeitweise gut mit – doch sein Alter machte sich bemerkbar. Viele hätten Davis gewünscht, er hätte frühzeitig einen klaren Schlussstrich gezogen, seinen Status als Legende untermauert. Doch die Fans bekamen einen Steve Davis zu sehen, der nicht mehr das spielen konnte, was er wollte. 1995 gewann er sein bislang letztes Ranglistenturnier, die Welsh Open. 2000 flog er aus den Top 16, auch wenn er Jahre später noch einmal zurückkehrte – und sogar seinen 50. Geburtstag im Jahr 2007 als Top-16-Spieler feierte. 2010 zog er noch einmal ins WM-Viertelfinale ein66, doch anschließend verlegte er sich mehr und mehr auf seinen Job als Snookerexperte im Fernsehen, den er übrigens großartig erledigt. Offiziell endete seine Karriere erst 2016, also 38 Jahre nach seinem Eintritt in die Profitour 1978.

Warum ein verdienter Sportler, der in seinem Leben mehr als fünf Millionen Pfund an Preisgeldern einheimste, 2013 unbedingt bei der britischen Version von Ich bin ein Star, holt mich hier raus mitmachen musste, wird allerdings sein Geheimnis bleiben.

Steve Davis wurde vom Roboter zum Menschen
Steve Davis krempelte die Sportart gehörig um. Spätere Branchenführer wie Stephen Hendry oder Ronnie O’Sullivan erklärten, sie wären nie soweit gekommen, hätten sie nicht stundenlang im Übungsraum Davis’ rasante Breaks nachgespielt. Er war der neue Held junger Snookerspieler, das Idol einer Generation – nur von den Fans geliebt wurde er nicht.

Das hatte vor allem mit seinem Auftreten zu tun. Die Fans liebten damals wie heute echte Typen. Wenn einer wie O’Sullivan heute Hallen fast im Alleingang füllt, und sei es nur, dass einige Zuschauer sehen wollen, was er als Nächstes anstellt, dann kamen die Fans in den Achtzigern eher wegen Alex Higgins, dem Heißsporn, dem Exzentriker, der 17 Mal in der Arrestzelle saß. Oder wegen Jimmy White, dem sympathischen Verlierer, dem Liebling der Massen. Zwei Spieler, die niemals eine Safety spielten, wenn sie auch alles riskieren konnten.

Davis war anders. Er spielte nie wild, sondern immer safe, wenn ihm ein Stoß zu gewagt erschien. Dafür bestrafte er die Fehler seiner Kollegen gnadenlos. Abseits gab es auch keine Skandale, über die sich der Boulevard auslassen konnte. Hinter diesem Saubermann- Image steckte Kalkül, denn es war Barry Hearns Idee, in Davis einen Widerpart zu Higgins aufzubauen. Berechnende Maschine gegen Exzentriker, gut gegen böse – an diesem Duell sollte sich das Publikum laben. Und Davis spielte seine Rolle perfekt. Wie ein Roboter habe Davis agiert, erinnerte sich O’Sullivan. Für ihn als jungen Spieler war das Faszination pur, doch das Publikum liebte die anderen Typen. Steve Interesting Davis wurde er wegen seiner emotionslosen Spielweise von einem Journalisten getauft. Das war nicht als Kompliment gemeint.

Davis brauchte lange, um sich von diesem Image zu lösen. Dabei half ihm ausgerechnet seine bittere Niederlage im Match des Jahrhunderts gegen Dennis Taylor, als er im WM-Finale 1985 beim Stand von 17:17 die finale Schwarze verschoss. Dies sei gleichzeitig der schlimmste und der beste Moment seiner Karriere gewesen, sagt Davis heute. Er wusste, was die Leute bislang in ihm gesehen hatten: Einen Automaten, der ihre Lieblinge besiegte. Doch als ich verlor, sahen sie, dass ich auch ein Mensch bin. Seine Kritiker überraschte positiv, wie sportlich er die Niederlage nahm. Vielleicht hatte er in dieser Nacht, als er verlor, mehr Fans gewonnen als durch all seine Siege. Dass er sich 2010 zum 25. Jubiläum dazu bereit erklärte, die Partie fürs Fernsehen nachzuspielen, zeigte seine Lockerheit, die dem jungen Davis zu Beginn der Achtziger niemand zugetraut hatte. Und er bewies Humor: Seine Autobiografie, die 2015 erschien, taufte er: Interesting.

Das Match des Jahrhunderts und Dennis Taylor – Snooker Legenden
Beginnen wir mit dem Rekord: 18,5 Millionen Zuschauer in der BBC – dieser Bestwert dürfte für die Ewigkeit halten. 18,5 Millionen, so viele schauen in England sonst nicht mal Spiele der Fußballnationalmannschaft. An diesem Abend lief aber Snooker: Steve Davis gegen Dennis Taylor, live aus Sheffield.

Bis weit nach Mitternacht rangen beide Spieler um den WM- Titel 1985. Das Finale gipfelte beim Stand von 17:17 im Decider, dem Frame, der die Entscheidung bringen musste. Beim Stand von 62:59 für Davis lagen nur noch Schwarz und Weiß auf dem Tisch, sieben Punkte also, das ultimative Finish. Bis heute ist vom Jahrhundertspiel oder vom Match des Jahrhunderts die Rede. Jeder Snookerfan muss die Bilder gesehen haben, wie Taylor am Ende der epischen Schlacht nach der finalen Schwarzen sein Queue in beide Hände nahm und entrückt nach oben riss. Eine Geste, die im Laufe der Jahre tausendfach in britischen Pubs kopiert wurde, wenn auch von minderbegabten Spielern, die etwas zu feiern hatten.

Doch der Reihe nach. Ein höchst ungleiches WM-Finale war erwartet worden, denn Davis galt als eindeutig favorisiert. Mit drei WM-Titeln in der Vita kam Davis selbstbewusst nach Sheffield. Der Star der Szene traf auf Taylor, einen bis dato mittelmäßig erfolgreichen Nordiren mit unfassbar großen Brillengläsern, die fast sein gesamtes Gesicht verdeckten. Zudem schien er diese Brille auch noch falsch herum zu tragen, was wirklich ulkig aussah. Kurzum: Jeder mochte Taylor wegen seiner lustigen Art, die wichtigen Spiele aber gewann er selten. Doch Taylor lieferte das Match seines Lebens, lag 15:17 zurück, ehe er doch den Entscheidungsframe erzwang. Alle Farbkugeln fielen, bis auf Schwarz, die Partie war immer noch nicht entschieden, das Drama gipfelte. Beide legten sich Schwarz einige Male sicher an der Bande ab, ehe Taylor einen langen Ball quer über den Tisch riskierte. Ein Wagnis aus vollem Herzen, das Davis niemals eingegangen wäre. Taylor schoss – und verfehlte die Tasche oben rechts klar. That was the biggest shot of his life, orakelte der BBC-Kommentator. Doch wirklich? Hatte Taylor gerade den wichtigsten Ball seines Lebens verfehlt?

Schwarz blieb in der Nähe der linken, unteren Ecktasche liegen, Weiß an der langen Bande, aber in machbarem Winkel. Nicht der leichteste Ball der Welt, aber für einen Spitzenmann wie Davis eine allenfalls geringe Herausforderung. Taylor schlurfte zu seinem Stuhl zurück, schloss die Augen und auch mit diesem Match ab. Es konnte gar nicht sein, dass Steve Davis diese Schwarze verschießt, erinnerte er sich. Doch genauso kam es: Davis trat an den Tisch, solche Bälle nah am Tascheneingang hatte er tausendfach in seiner Karriere gelocht. Als sei er von einem gemeinen Zauber befallen, verrechnete er sich in diesem wichtigen Moment, traf Schwarz viel zu dünn, in der Angst, die Kugel bloß nicht zu dick zu erwischen. Schwarz schnarrte rechts an den Tascheneingang und von dort zurück auf den Tisch. Das Crucible erstarrte, atmete kollektiv aus – ehe der Jubel losbrach. Jetzt sollte Taylor, der Nordire der Herzen, doch noch Weltmeister werden.

Schwarz lag dicht vor jenem Tascheneingang, an dem bereits Davis gescheitert war, doch Weiß diesmal in der Tischmitte. Er zielte lange, kontrollierte seinen Stoß mehrere Male, ehe er mit schweißnassen Fingern abzog und lochte. Es folgte eine Jubelgeste für die Ewigkeit, und ein außerordentlich konsternierter Steve Davis, der nach dem Match auf die Frage des Reporters, wie das Spiel aus seiner Sicht gelaufen sei, antwortete: It was there in Black and White. Alles Schwarz-Weiß, also.

Dass Davis’ Ruf darunter keinesfalls litt und er in seiner öffentlichen Wahrnehmung von seiner Niederlage sogar profitieren sollte, steht in einem anderen Artikel über Snooker. Es dauerte aber eine Weile, bis er zu der Einsicht gelangte, dass er bei einem Stück Snookergeschichte dabei war – wenn auch auf der Seite des Verlierers. 2010 erklärte er sich bereits, die finalen Szenen mit Taylor zum 25-jährigen Jubiläum im Crucible nachzuspielen. Und er tat es in wirklich humoriger Art und Weise. Davis, mittlerweile 53 Jahre alt, erklärte aus seiner Sicht, wie er den Ball verfehlte. Wie er fürchtete, die Kugel zu dick zu treffen, sie aber zu dünn erwischte. Der größte Lacher des Abends: Davis versuchte, die Schwarze wie damals neben den Tascheneingang zu setzen, so dass die zurück auf den Tisch rollen musste. Doch er schaffte es nicht, obwohl er sich redlich mühte: 25 Jahre später lochte er den entscheidenden Ball – aus Versehen. Dennis Taylor lachte Tränen hinter seinen großen, überdimensionalen Brillengläsern.

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