Florian Nuessle: Wie ein Junge aus Salzburg Snookergeschichte schreibt
Es gibt Entscheidungen, die so früh im Leben getroffen werden müssen, dass sie größer wirken als das Kind, das sie trifft. Für Florian Nuessle kam dieser Moment mit zwölf Jahren. In einem Alter, in dem andere sich zwischen Lego und Playstation entscheiden, stand er vor der Wahl, welchen Sport er zum Mittelpunkt seines Lebens machen würde. Fußball, Golf oder Snooker – drei völlig verschiedene Welten, aber in allen dreien war er mehr als nur talentiert.
Frühe Talente und bittere Abschiede
Der Fußball war seine erste große Liebe. Seit er fünf Jahre alt war, spielte er beim traditionsreichen SK Sturm Graz. Er träumte von vollen Stadien und schwarz-weißen Trikots, bis eine Lungenkrankheit ihm diesen Traum nahm. „Es ging einfach nicht mehr. Ich musste aufhören“, sagt er ohne Groll, aber mit einem Anflug von Wehmut.
Im Golf blühte er ebenfalls auf, wurde Teil des österreichischen Juniorenteams, doch dort war der Trainingsplan derart straff, dass er kaum noch Luft zum Atmen ließ – im sprichwörtlichen wie im übertragenen Sinn. Und dann war da Snooker. Eine stille Faszination, geboren an einem Nachmittag vor dem Fernseher mit seinem Vater. „Er liebt das Spiel, und ich war sofort gefesselt“, erinnert sich Florian.
Ein früher Champion auf nationaler Ebene
Mit elf oder zwölf spielte er seine ersten Turniere – und gewann sie. Von da an war es klar: Snooker sollte sein Weg sein. Schon mit 16 war er eine feste Größe in der österreichischen Szene: Staatsmeister, U21-Champion, U16-Sieger – niemand sonst hatte diese Titelkombination auf einmal geholt.
Die harte Schule der Q School
Er stand mehrfach kurz vor dem Durchbruch – eine Partie, ein Frame fehlte. Besonders schmerzhaft war das Match bei der Q School 2023 gegen den Schotten Dean Young. Florian Nuessle führte 3:1, verlor am Ende 3:4 – und mit dem letzten Ball zerplatzte ein weiterer Traum. „Ich war am Boden, wirklich. Ich war leer, hatte keine Motivation mehr“, sagt er heute offen.
Doch er tat es nicht. Seine Familie war da, hat ihn getragen, aber am Ende war es seine eigene Entschlossenheit, die ihn wieder an den Tisch brachte. „Ich hatte keinen Plan B. Ich wollte immer Snookerprofi sein – das war mein einziger Plan.“
Endlich Profi: Der große Durchbruch in der Türkei
Im März 2025 war es dann soweit. Beim WPBSA Q Tour Global Play-Off in Antalya, Türkei, spielte er groß auf: Er besiegte Josh Thomond und Ehsan Heydari Nezhad, und dominierte das Finale gegen Andres Petrov mit 10:3. Das letzte Frame krönte er mit einem majestätischen Break von 108 Punkten.
„Ich konnte es kaum glauben“, erzählt er. „Nach all den Rückschlägen war das der Moment, in dem ich wusste: Es war richtig, weiterzumachen. Ich bin gut genug.“ Der Titel als erster österreichischer Snookerprofi ist nicht nur ein persönlicher Triumph – er ist auch ein Meilenstein für den Sport im Land.
Erste Erfahrungen auf der großen Bühne
Schon als Amateur durfte er bei großen Turnieren Erfahrungen sammeln. Bei der Snooker Shoot Out kam er sensationell bis ins Viertelfinale, schlug Jiang Jun und Liu Hongyu bei den Welsh Open. Erst gegen den vierfachen Weltmeister Mark Selby war Schluss – eine Niederlage, aus der er mehr lernte als aus manchem Sieg.
Ein Neuanfang mit Gelassenheit
Heute geht er mit einer neuen Ruhe in seine erste volle Profisaison. „Hätte ich die Tourkarte vor ein paar Jahren bekommen, wäre ich wahrscheinlich überfordert gewesen“, sagt er nachdenklich. „Jetzt habe ich das Gefühl, dass ich bereit bin.“
Er bleibt in Salzburg, trainiert dort meist allein. Nur vor Turnieren reist er nach England, um sich mit anderen Profis zu messen. Und manchmal greift er noch zum Golfschläger. Erst kürzlich spielte er zum ersten Mal eine Runde mit Par über 18 Löcher.
Ein Ziel – und kein Plan B
Für die nächsten zwei Jahre hat er ein klares Ziel: unter die Top 64 kommen und sich seinen Platz auf der Tour sichern. „Das ist realistisch, aber auch hart erkämpft. Und wenn ich das schaffe, dann sehe ich weiter. Ich will Turniere gewinnen.“
Was wie ein leiser Start wirkt, könnte zum Anfang einer großen Geschichte werden. Denn dieser junge Mann aus Salzburg hat nicht nur Talent – er hat Willenskraft, eine tiefe Liebe zum Spiel und etwas, das man nicht lernen kann: innere Überzeugung.
Mit seiner Geschichte beginnt ein neues Kapitel für das österreichische Snooker. Und vielleicht – nein, wahrscheinlich – ist das erst der Anfang.
FAQ: Fragen zu Florian Nuessle
Wer ist Florian Nuessle?
Florian Nuessle ist der erste professionelle Snookerspieler aus Österreich. Geboren in Salzburg, entschied er sich bereits im Alter von zwölf Jahren für eine Karriere im Snooker, nachdem er zuvor auch im Fußball und Golf große Talente gezeigt hatte.
Wie hat er sich für Snooker entschieden?
Nachdem eine Lungenkrankheit seine Fußballlaufbahn beendete und der Trainingsaufwand im Golf zu hoch war, entschied sich Nuessle für Snooker – ein Sport, den er mit seinem Vater am Fernseher entdeckte und sofort liebte. Bereits mit elf Jahren spielte er seine ersten Turniere.
Wann wurde Florian Nuessle Profi?
Im März 2025 gelang ihm der Durchbruch bei den WPBSA Q Tour Global Play-Offs in der Türkei. Dort gewann er das Finale mit 10:3 gegen Andres Petrov und sicherte sich damit seine Tourkarte für die World Snooker Tour.
Welche bisherigen Erfolge hatte er als Amateur?
Nuessle wurde mehrfacher österreichischer Meister, gewann nationale Titel in verschiedenen Altersklassen und erreichte als Amateur das Viertelfinale beim Snooker Shoot Out. Zudem besiegte er namhafte Spieler wie Jiang Jun und Liu Hongyu bei den Welsh Open.
Welche Ziele hat Florian Nuessle als Profi?
In den ersten zwei Jahren strebt er an, sich unter den Top 64 der Weltrangliste zu etablieren, um seinen Platz auf der Tour zu sichern. Langfristig möchte er Turniere gewinnen und sich auf höchstem Niveau behaupten.
Wo lebt und trainiert er?
Florian Nuessle lebt weiterhin in Salzburg, wo er überwiegend allein trainiert. Vor Turnieren reist er einige Tage vorher nach Großbritannien, um mit anderen Profis zu spielen und sich optimal vorzubereiten.
Hat er neben Snooker noch andere Hobbys?
Ja, gelegentlich spielt er noch Golf – ein Sport, in dem er früher in der Nationalmannschaft aktiv war. Erst kürzlich spielte er zum ersten Mal eine komplette Runde mit Par über 18 Löcher.
Was macht seine Geschichte besonders?
Nuessle ist nicht nur der erste Profi seines Landes, sondern verkörpert auch eine Geschichte von Beharrlichkeit, Leidenschaft und Durchhaltevermögen. Trotz vieler Rückschläge hat er nie aufgegeben – ein Vorbild für junge Sportler in Österreich und darüber hinaus.
Informationsquelle: wst . tv