Snooker-Legende John Higgins wird 50 – und greift weiter nach Titeln

John Higgins wird 50 – und denkt nicht ans Aufhören

Fünfzig Jahre. Für die meisten ist das ein Moment des Innehaltens, der Rückschau, vielleicht auch des Loslassens. Für John Higgins ist es das Gegenteil. Der Schotte, einer der ganz Großen des Snooker, hat mit seinem runden Geburtstag nicht etwa das Ziel erreicht – sondern ein neues Kapitel aufgeschlagen. Die Jagd nach Trophäen ist für ihn nicht vorbei. Sie hat gerade wieder Fahrt aufgenommen.

Nach Jahrzehnten an der Weltspitze, nach unzähligen Triumphen, Rückschlägen und Comebacks – was motiviert einen wie ihn, noch einmal alles zu geben?

Eine Saison, die Mut macht

Die Antwort lieferte die letzte Saison. Nach vier mageren Jahren ohne Titel, in denen er gleich fünf Mal in Finals verlor, bewies Higgins, dass er noch längst nicht zum alten Eisen gehört. In China holte er sich bei den World Open gegen Joe O’Connor endlich wieder einen Pokal – und wenige Wochen später triumphierte er auch beim Tour Championship gegen niemand Geringeren als Mark Selby.

Zwei Siege, die mehr waren als bloße Erfolge: Sie waren ein Beweis dafür, dass mentale Stärke, Erfahrung und der unbedingte Wille auch in einer jungen, kraftvollen Snookerwelt noch ihre Spuren hinterlassen können.

Die bittere WM-Niederlage – und ein nüchterner Blick

Und doch – inmitten dieses Erfolgsjahres gab es auch Schmerz. Im Crucible Theatre, bei der Weltmeisterschaft, stand Higgins im Viertelfinale seinem langjährigen Rivalen Mark Williams gegenüber. Nach einem epischen Schlagabtausch vergab Higgins im Entscheidungsframe den Matchball – ein schwieriger blauer Ball verfehlte das Ziel, Mark Williams nutzte die Chance und drehte das Match.

„Ich hätte es nicht verdient zu gewinnen“, sagt Higgins heute ehrlich. „Ich hatte meine Chancen und habe sie liegen lassen.“ Die Weltmeisterschaft, so meint er, bleibt ein gnadenloses Turnier. Körperlich wie mental ist es eine Prüfung, die gerade im höheren Alter kaum mehr zu bestehen scheint.

Und doch bleibt ein kleiner Trost: „Ich glaube, nur Mark hätte diesen Ball gelocht. Jeder andere hätte ihn gespielt wie ich.“

Snooker verändert sich – und die Spieler mit ihm

Früher endeten Karrieren meist vor dem 50. Geburtstag. Heute aber – mit Spielern wie Ronnie O’Sullivan, Mark Williams oder eben Higgins – erleben wir eine Generation, die sich neu erfindet. Die gelernt hat, mit den Jahren zu spielen, statt gegen sie.

„Wir sind heute komplettere Spieler“, erklärt Higgins. „Früher konntest du mit einer starken Phase dominieren – wie Hendry in den 90ern. Aber heute musst du alles können. Defensive, Offensive, Strategie, Nerven – es reicht nicht mehr, nur gut lochen zu können.“

Er sieht sich in einem Feld von Giganten: Selby, Trump, Robertson, Wilson, Zhao… „Diese Jungs sind Maschinen. Und trotzdem halte ich mit.“

Vom Selbstzweifel zur Wiedergeburt

Doch einfach war der Weg nicht. Hinter dem ruhigen, professionellen Äußeren nagte der Zweifel. Fünf verlorene Finals, vier Jahre ohne Titel – das hinterlässt Spuren.

„Ich habe nach außen hin versucht, positiv zu bleiben“, sagt er. „Aber innerlich fragte ich mich irgendwann: War’s das? Kann ich überhaupt noch gewinnen?“

Die Antwort kam in Form des Titels in Yushan. Und mit dem Erfolg kehrte auch das Selbstvertrauen zurück – eine stille, aber mächtige Kraft, die ihn bis ins Finale der Tour Championship trug. „Wenn du spürst, dass du es noch kannst – dann verändert das alles.“

Was kommt als Nächstes?

Was also treibt ihn weiter an? Die Antwort ist einfach – aber nicht banal: „Ich will in meinen 50ern noch einmal einen Titel holen. Dann hätte ich in jedem Jahrzehnt meiner Karriere mindestens einmal gewonnen – als Teenager, in den Zwanzigern, Dreißigern, Vierzigern… und jetzt.“

Er weiß, dass der Körper langsam seine Grenzen zeigt. Die Augen sind nicht mehr wie mit 25, die Erholung dauert länger. Aber das Herz ist da – und solange das schlägt, will er weitermachen.

„Ich glaube, am Ende wird das Spiel selbst entscheiden, wann ich aufhöre. Bis dahin versuche ich, das Beste daraus zu machen.“

Ein Moment der Perspektive

Nach der Niederlage gegen Williams bekam Higgins eine Nachricht von einem Freund, Charlie Devlin – der mit einer schweren Nervenkrankheit lebt. „Er wollte mich aufmuntern, mir Mut machen“, erzählt Higgins. „Und ich dachte nur: Ich habe ein Snookerspiel verloren. Und er kämpft um viel mehr.“

In solchen Momenten zeigt sich, was Higgins ausmacht: Demut, Bodenständigkeit und die Fähigkeit, sportliche Rückschläge im richtigen Maß zu sehen. „Es gibt so viel Schlimmeres auf der Welt. Ich bin traurig, ja – aber ich kann damit umgehen.“

Dallas – ein Kindheitstraum wird wahr

Zum Geburtstag hat seine Frau Denise ihm eine besondere Überraschung gemacht: Eine Reise nach Dallas, der legendären Stadt aus der gleichnamigen Fernsehserie, die ihn als Kind fesselte.

„Ich kann es kaum erwarten“, sagt er mit leuchtenden Augen. „Die Geschichte, die Orte – Grassy Knoll, das Buchlager, das ganze Flair.“ Es ist mehr als ein Urlaub. Es ist eine Reise in die eigene Vergangenheit. In die Zeit, als er mit seinen Eltern vor dem Fernseher saß und J.R. Ewing dabei zusah, wie er Intrigen spann und Luxus lebte.

„Es wird wahrscheinlich auch ein emotionaler Moment“, sagt JohnHiggins. „Damals träumte ich vom Jetset, vom großen Leben – und jetzt bin ich selbst da. Das ist etwas Besonderes.“

FAQ

Welche Titel hat John Higgins zuletzt gewonnen?

Er gewann die World Open 2023 gegen Joe O’Connor und die Tour Championship 2024 gegen Mark Selby – seine Titel Nummer 32 und 33.

Warum ist der WM-Verlust gegen Mark Williams 2024 so erwähnenswert?

Weil Higgins im Entscheidungsframe einen schwierigen blauen Ball verfehlte, den Matchverlust erlitt – und dennoch mit großer Fairness reagierte.

Was motiviert Higgins, trotz seines Alters weiterzuspielen?

Er möchte mindestens einen Titel in seinen 50ern gewinnen und beweisen, dass auch mit 50 noch Großes möglich ist.

Wie geht er mit Niederlagen um?

Mit Perspektive und Demut – besonders nach einer berührenden Nachricht seines Freundes Charlie, der schwer erkrankt ist.

Was bedeutet Dallas für ihn persönlich?

Als Fan der Serie „Dallas“ erfüllt sich Higgins mit dieser Reise einen Kindheitstraum, den er tief mit seiner Familie verbindet.

Informationsquelle: wst . tv

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