Die Mark Kings Sportgeschichte – Snooker Legenden
Gut möglich, dass Mark King von dieser Szene immer noch träumt. Ein Stoß, so mies, dass er nachts Albträume beschert. Auf YouTube gibt es ein Video von der Szene beim Masters 2011, der Titel lautet: Mark King spielt den vielleicht schlechtesten Stoß der Snooker- Geschichte.161
Nur noch vier Kugeln lagen im ersten Frame der Partie gegen Jamie Cope auf dem Tisch – Blau, Pink, Schwarz und der Spielball. Kings Aussicht auf einen Lochversuch in die Mitteltasche war passabel, aber er gilt nicht umsonst als angsterfüllter Spieler, als einer der defensivsten Profis der Tour. King entschied sich für eine Safety von Blau hinter Pink, was ein machbares Unterfangen werden sollte, da Blau nur wenige Zentimeter unter Pink lag. Ein minimaler Stoß, und Blau würde hinter Pink verschwinden. Cope hatte schon Zeit, sich zu überlegen, wie er sich aus diesem Snooker befreien würde, als er zusah, was King fabrizierte: Dem Briten, der einmal auf Platz elf der Weltrangliste stand, fehlte komplett das Feingefühl. Er traf Blau zu stark, Weiß lief viel zu weit in den Tisch hinein. Anstatt eines Snookers hatte Cope plötzlich eine völlig freie blaue Kugel vor sich, die er locker versenkte.
King drehte ab, schloss die Augen, wischte sich mit der Hand durchs Gesicht. Er wusste, was er fabriziert hatte. Auch der BBC- Kommentator konnte seine Verwunderung kaum verbergen. Wow, entfuhr es ihm, gefolgt von einem Lacher: He better closes his eyes there. Thats probably the worst shot he ever played in his life. In der Übersetzung: Da macht er besser die Augen zu. Das war der vielleicht schlechteste Stoß in seinem ganzen Leben.
Manchmal treibt King seine Gegner mit seinem Dekonstruktivismus zur Verzweiflung. Seine größte Schwäche ist seine Nachlässigkeit, was den weißen Spielball angeht: Oft achtet er nicht penibel genug auf die Position von Weiß, was ihn um höhere Breaks bringt. Ob ihn diese Schwäche auch davon abhielt, je ein Ranglistenturnier zu gewinnen? King verbrachte 20 Jahre unter den Top 32 der Tour, ohne einen einzigen Titel einheimsen zu können. Bei der Weltmeisterschaft stand er beispielsweise sieben Mal im Viertelfinale – und schied dort jedes Mal aus.
Ansonsten zählt King zu jenen Spielern auf der Tour, die auffallen. Und zwar nicht nur wegen seines spärlichen Haarwuchses. In jüngeren Jahren hatte er große Probleme mit seiner Spielsucht. Einmal verkaufte er einen alten Snookertisch für 1.000 Pfund und verlor das Geld binnen zehn Minuten beim Roulette. In Spitzenzeiten betrugen seine Spielschulden laut eigener Aussage rund 100.000 Pfund. Er habe darüber nachgedacht, einen Bankraub zu begehen, oder gar sich selbst umzubringen, hat King in aller Offenheit berichtet. Als zwanghaft bezeichnete King seine Sucht: Viele Spieler relaxen, indem sie zocken. Aber ich konnte einfach nicht aufhören. Der Sport half ihm, aus seiner Krise zu finden, auch finanziell. Zudem ließ ihn seine immer größer werdende Farmilie an andere Dinge denken: King ist Vater von drei Kindern.